Publikation "Praxishilfe: Inklusion und Teilhabe von Freiwilligen mit Behinderung"
Die im Rahmen des Projektes entstandene Praxishilfe richtet sich an Fachkräfte der Freiwilligendienste sowie an Freiwillige mit Behinderungen und deren Bezugspersonen. Sie bietet eine fundierte Einführung in die Themen Behinderung, Inklusion und Barrierefreiheit und liefert praxisorientierte Handlungsempfehlungen für ein sensibles und diskriminierungsfreies Ermitteln von Unterstützungsbedarfen. Darüber hinaus gibt sie Orientierung zu sozialrechtlich förderfähigen Unterstützungsleistungen und formuliert Leitlinien zur Sicherstellung von Barrierefreiheit und Inklusion in Einsatzstellen und Seminaren.
Ziel dieser Praxishilfe ist es, wertvolle Erkenntnisse zu vermitteln und die Grundlagen für eine inklusive und diversitätsgerechte Zukunft der Freiwilligendienste zu legen. Nur durch gemeinsame Anstrengungen können Barrieren überwunden und sichergestellt werden, dass alle Menschen die Möglichkeit erhalten, ihre Potenziale voll zu entfalten.
Gute Praxis: Das Projekt „Freiwilliges Ökologisches Jahr für ALLE“ in Niedersachsen
Ein Beispiel guter Praxis ist das Projekt „FÖJ für ALLE!“ des Netzwerkes alma – Arbeitsfeld Landwirtschaft mit allen – in Niedersachsen. Gemeinsam mit der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz, die Trägerin des FÖJ- Freiwilligen Ökologischen Jahres in Niedersachsen ist, und gefördert von der Aktion Mensch ist Ende 2021 das Projekt gestartet. Das Ziel dieses Projektes ist, jungen Menschen mit Behinderungen die Teilnahme an einem FÖJ zu ermöglichen und dabei die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass das inklusive FÖJ für alle Beteiligten eine gewinnbringende Erfahrung wird. Unter den Freiwilligen, die beim Netzwerk alma ein FÖJ ableisten, erhalten sechs Freiwillige Assistenzleistungen, die in jedem Einzelfall über die kommunale Eingliederungshilfe gefördert werden.
Im Mittelpunkt des Projektes stehen die Freiwilligen, deren persönliche Wünsche, Fähigkeiten und Bedürfnisse bei der Suche nach einer geeigneten FÖJ-Einsatzstelle handlungsleitend sind. Bei der Akquise wurden sowohl bestehende als auch potenzielle neue FÖJ-Einsatzstellen angesprochen, das Projekt und die potenziellen Freiwilligen vorgestellt und wenn es gewünscht war, wurden auch die Termine zum Kennenlernen und zum Probeeinsatz begleitet. Hierdurch konnten vier neue und fünf bestehende FÖJ-Einsatzstellen gewonnen werden. Gemeinsam mit den Teilnehmenden und der Einsatzstelle wurden die Bedingungen vor Ort analysiert und zu ggf. notwendigen Veränderungen oder Anpassungen beraten.
Insgesamt wurden knapp 50 Einrichtungen angesprochen. Die Reaktionen auf das Projekt waren fast durchweg positiv, dennoch wurden auch viele Unsicherheiten und Bedenken geäußert. „Wir hoffen, dass die positiven Erfahrungen, die unsere Teilnehmenden und ihre FÖJ-Einsatzstellen gerade erleben dazu führen, diese Bedenken und Unsicherheiten abzubauen und weitere FÖJ-Einsatzstellen ermutigen“ so Rebecca Kleinheitz, Geschäftsführerin von Netzwerk alma und Initiatorin des Projektes.
Die Teilnehmenden und ihre Personensorgeberechtigten wurden bei der Beantragung und Organisation ggf. notwendiger Assistenz- und Teilhabeleistungen unterstützt. Dabei wurden auch die Träger der Eingliederungshilfe bei den jeweiligen Kommunen vom Netzwerk alma angesprochen und über das FÖJ informiert. In Einzelfällen wurden auch Teilhabeplangespräche begleitet.
„Wir sind total glücklich darüber, dass alle unsere Projektteilnehmenden auch die Unterstützung bekommen haben, die sie tatsächlich brauchen,“ erzählt die Projektkoordinatorin Dr. Stefanie Hecht. Zu den geförderten Leistungen gehören persönliche Assistenzkräfte, Betreutes Wohnen in einer Wohngemeinschaft sowie ein täglicher Fahrdienst.
Bis heute machen neun junge Freiwillige ein FÖJ auf bestehenden FÖJ-Einsatzstellen oder neu hinzugewonnenen landwirtschaftlichen Biobetrieben – und es läuft wunderbar. Durch ganztägige persönliche Assistenz werden fünf Freiwillige in ihren Einsatzstellen und auf Seminaren begleitet. Assistenzkräfte helfen den Freiwilligen dabei, ihren Alltag zu strukturieren, Anweisungen zu verstehen und zu verarbeiten, „dran“ zu bleiben, und – zum Teil – ihre Einsatztätigkeiten selbstständig auszufüllen.
Auch die Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz als Trägerin des FÖJ in Niedersachsen wird durch das Netzwerk alma umfassend beraten und unterstützt. Die Seminarteamer*innen für die FÖJ-Seminare wurden vor Beginn der Seminarwochen geschult, wie Seminarinhalte binnendifferenziert gestaltet und wie den Bedürfnissen von Teilnehmenden im Hinblick auf Inklusion und Diversität Rechnung getragen werden kann. Einige der Seminargruppen wurden während der ersten Seminarwoche besucht.
Das Projekt ist befristet bis April 2025. Das Ziel ist eine dauerhafte Implementierung der Unterstützungsstrukturen, so dass ein FÖJ in Niedersachsen für junge Menschen mit Behinderung genauso gut und selbstverständlich möglich ist, wie für junge Menschen ohne Behinderung.