Inklusion und Diversität in den Freiwilligendiensten bedeutet, dass alle mitmachen können – unabhängig von Behinderung, Geschlecht, Migrationshintergrund, Schulabschluss, Sexualität, ethnischer oder sozialer Herkunft.
Die Freiwilligendienste sind Lern- und Orientierungsdienste, in denen sich Freiwillige persönlich weiterentwickeln und ggf. beruflich orientieren können, während sie sich für das Gemeinwohl engagieren. Durch einen Freiwilligendienst gewinnen viele Teilnehmende mehr Klarheit über ihre nächsten (beruflichen) Schritte und haben bessere Chancen auf einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.
Deshalb ist es wichtig, dass die Freiwilligendienste für alle offen sind. Wer sich freiwillig engagieren und durch einen Freiwilligendienst weiterentwickeln möchte, soll auch die Chance dazu bekommen.
Um das zu erreichen, ist, neben einer positiven Grundhaltung, passenden Strukturen bei den Trägern und Einsatzstellen, auch die Nutzung von Unterstützungsangeboten notwendig. Gezielte Maßnahmen und Strategien helfen den Trägern und Einsatzstellen bei dieser Aufgabe. Unser Basiswissen zum Thema stellen wir auf dieser Seite für Einsatzstellen, Träger und Zentralstellen bereit.
Arbeitshilfen und weiterführende Literatur:
„Praxisleitfaden Inklusion und Diversität in Freiwilligendiensten“, BAK FSJ / AG Inklusion und Diversität in den Freiwilligendiensten, 2019.
Umfangreiche Praxistipps und Handlungsempfehlungen zu förderlichen Rahmenbedingungen, Öffentlichkeitsarbeit und Akquise, Bewerbungsverfahren, Seminararbeit und Anleitung von Freiwilligen in Einsatzstellen.
Freiwilligendienste Inklusiv Infoportal, Landesvereinigung Kulturelle Bildung Hessen e. V.
Eine umfangreiche und barrierefreie Website mit einem Glossar zu den wichtigsten Begriffen, zahlreichen Arbeitshilfen, Kontaktdaten für Partnerorganisationen und Fachpersonen sowie Infomaterialien zu den Themen Inklusion und Diversität.
Inklusion und Diversität – was ist das eigentlich?
„Inklusion“ bedeutet, dass alle mitmachen dürfen, dazugehören und berücksichtigt werden. Das gilt für alle Personengruppen, unabhängig von individuellen Eigenschaften wie Behinderung, Alter, Bildungsniveau, Geschlecht oder Geschlechtsidentität, Religion, Migrationshintergrund, Sexualität, ethnischer oder sozialer Herkunft. Auch wenn Menschen unterschiedlich sind, haben sie dieselben Rechte auf Teilhabe und Inklusion.
Die Verschiedenheit menschlicher Identitäten und Lebensrealitäten wird „Diversität“ oder auch „Vielfalt“ genannt. Inklusion fordert die Öffnung gesellschaftlicher Strukturen und Einrichtungen für Diversität sowie für die verschiedenen Bedürfnisse aller Menschen. Dies betrifft nicht nur die Freiwilligendienste, sondern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Damit dies gelingt, ist es oft notwendig, neue Prioritäten zu setzen und die Einrichtungen mit zusätzlichen Ressourcen auszustatten. Gleichzeitig erfordert Inklusion ein Umdenken hin zu Wertschätzung und Anerkennung von Diversität sowie die Bereitschaft, Benachteiligung und Ungleichheit entgegenzuwirken.
Weiterführende Literatur:
BMFSFJ – Inklusion
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend stellt auf dieser Seite sein Inklusionsverständnis vor, das auf den Grundlagen der Menschenrechte auf Selbstbestimmung, Chancengleichheit und Teilhabe sowie der UN-Behindertenrechtskonvention basiert.
„Was ist Inklusion?“ – Aktion Mensch, 2022
Aktion Mensch, die als Soziallotterie jährlich zahlreiche Projekte zur Inklusion fördert, stellt ihr Inklusionsverständnis vor. Auch in Leichter Sprache und Deutscher Gebärdensprache verfügbar.
„Diversity - Was ist das?“ Eine Welt der Vielfalt e. V.
Der Bildungsträger „Eine Welt der Vielfalt“ bietet eine Einführung in die Thematik der Diversität bzw. Diversity an.
Praxistipps für inklusive Freiwilligendienste, Träger und Einsatzstellen
Inklusive Haltung
Eine inklusive Haltung bildet die Grundlage gezielter Inklusionsbemühungen und -maßnahmen in einer Organisation. Sie kann im Leitbild und/oder in Qualitätsstandards verankert werden und zeigt, dass Inklusion und Diversität wertgeschätzt werden. Im ersten Schritt auf dem Weg zur Förderung von Inklusion und Diversität sollten Organisationen ihre eigene Haltung reflektieren.
Zu einer inklusiven Haltung gehören folgende Grundsätze:
- Wir sehen Inklusion und Diversität als Bereicherung
- Wir sind bereit, bei Bedarf die nötigen Ressourcen zu investieren, um Inklusion und Diversität zu fördern
- Wir positionieren uns klar gegen Diskriminierung und Ausgrenzung
- Wir versuchen proaktiv, die Teilnahme von Minderheiten und benachteiligten Personengruppen zu fördern
- Wir investieren Zeit und Geld, um Mitarbeitende ausreichend für Inklusion und Diversität zu sensibilisieren
- Wir lehnen keine Bewerbungen allein aufgrund von persönlichen Eigenschaften pauschal ab
- Wir sind bereit, unsere Arbeitsweise und Methoden weiterzuentwickeln und für Inklusion und Diversität anzupassen
- Über Bedürfnisse wird offen gesprochen; alle dürfen Bedürfnisse haben
Für Freiwilligendienste bedeutet das:
- Unsere Freiwilligendienste stehen allen offen.
- Wir versuchen proaktiv, Hürden nicht zu überschätzen und überprüfen unsere Vorannahmen
- Menschen mit Behinderungen werden nicht durch gesonderte Angebote ausgeschlossen, sondern können einfach mitmachen (ggf. mit Assistenz oder Hilfsmitteln)
- Die Teilnehmenden unserer Freiwilligendienste bilden ein Abbild der Gesamtgesellschaft
Checklisten und Fragebögen zur Reflexion der eigenen Haltung
Zur Reflektion der eigenen Haltung können Checklisten und Fragebögen hilfreich sein. Manche dieser Checklisten helfen auch, um eine erste Bestandsaufnahme zu bestehenden Ressourcen, Prioritäten und Barrieren durchzuführen. Hier haben wir einige Checklisten und Fragebogen gesammelt.
Trägerevaluation-Fragebogen zum Inklusionsprozess – Bundesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) (2016)
Der Fragebogen ermöglicht allen Trägern, ihren individuellen Stand im Inklusionsprozess zu reflektieren. Fortschritte werden dadurch sichtbar und Baustellen können identifiziert werden. Die Fragen drehen sich rund um Haltung, Rahmenbedingungen, Zugänglichkeit, Öffentlichkeitsarbeit, Diskriminierung, Bildungsarbeit und Team.
Vielfalts-Check – Diakonie Deutschland e. V.
Mit dem umfangreichen Vielfalts-Check der Diakonie lassen sich Haltung und Strukturen in Bezug auf Inklusion und Diversität überprüfen. Die Fragebögen behandeln Themen wie sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, Herkunft und Rassismuserfahrung, Alter und Generationengerechtigkeit, Gleichstellung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Religion und Weltanschauung, Beeinträchtigungen/Behinderungen und Barrierefreiheit.
Diversity-Dimensionen-Fragenkatalog vom IQ-Netzwerk
Diese umfangreichen Fragebögen im PDF-Format eignen sich zur Analyse von Diversität und Diskriminierung in Einrichtungen. Sie umfassen sowohl die Ist-Analyse als auch Reflexion und Zielstellung.
Inklusive Strukturen
Inklusive Strukturen umfassen eine gesamte Organisation. Hierzu gehören neben Gremien auch Stellen sowie Ressourcen und gezielte Maßnahmen, die Inklusion ermöglichen und fördern. Einsatzstellen, Träger und Zentralstellen der Freiwilligendienste können inklusive Strukturen auf organisatorischen und institutionellen Ebenen etablieren.
Beispiele für inklusive Strukturen:
- verpflichtende Qualitätsstandards, die Inklusion und Diversität priorisieren
- formaler Plan für Inklusion und Diversität auf der Führungsebene
- Quoten, Orientierungszahlen und konkrete Ziele
- Inklusions- oder Antidiskriminierungsbeauftragte im Team
- Arbeitsgruppe zu Inklusion und Diversität, die die Geschäftsführung berät und neue Maßnahmen entwickelt
- Budget, um Maßnahmen für Inklusion und Diversität zu fördern
- klare Zuständigkeiten für Inklusions- und Diversitätsthemen
- formale Prozesse zur inklusiven Organisationsentwicklung
Inklusive Praktiken
Inklusion und Diversität werden durch konkrete Maßnahmen in der Praxis und im Alltag einer Einrichtung gefördert – zum Beispiel im Bewerbungsverfahren, in der Zielgruppenansprache und Kommunikation, in den Bildungsseminaren sowie in der pädagogischen Begleitung von Freiwilligen. Inklusive Praktiken sollen insbesondere auf Barrierefreiheit, Sensibilität, Repräsentation, Zugänglichkeit, Flexibilität und Niedrigschwelligkeit abzielen, um möglichst viele Zugangsbarrieren abzubauen und um ein sicheres und offenes Umfeld zu schaffen.
Folgende Beispiele zeigen, wie inklusive Praktiken in den Freiwilligendiensten aussehen können:
- räumliche Barrierefreiheit in Einsatzstellen und Seminarhäusern abfragen und grundsätzlich nur barrierefreie Räumlichkeiten für Bildungsseminare buchen
- interne Fortbildungen und Schulungen zur Sensibilisierung von Mitarbeitenden anbieten
- Informationen in Einfacher oder Leichter Sprache kommunizieren
- Respekt gegenüber Selbstbezeichnungen, Pronomen und Ansprache zeigen
- Bewerbungsverfahren niedrigschwellig in einfacher (und ggf. Leichter Sprache) gestalten; keine Schulabschlüsse oder Zeugnisse anfordern
- über die eigene Denkweise sowie die eigenen Annahmen und Erwartungen reflektieren und sich bewusst mit Diskriminierung auseinandersetzen, ggf. durch Schulungen und Workshops
- Bildungsseminare inklusiv, barrierefrei und diversitätsbewusst gestalten; Inklusion und Diversität selbst zu Seminarthemen machen
- flexible Aufgabenprofile für Freiwillige mit Einsatzstellen aushandel
- Unterstützung und Beratung bei der Beantragung von Assistenzleistungen anbieten; Fachkräfte hierzu schulen lassen
- Supervision für Begleitende von Freiwilligen mit herausfordernden Bedürfnissen anbieten
- Empowerment-Gruppen für marginalisierte Personengruppen einrichten und durch entsprechende Anleitung sowie Safe-Spaces fördern
Arbeitshilfen und weiterführende Literatur zu inklusiven Praktiken
Maud Krohn, Anja Schütze (2022): „Diversität und Teilhabe in den Freiwilligendiensten Kultur und Bildung – Zugänge und Vermittlungsverfahren.“ In: KULTURELLE BILDUNG ONLINE.
In diesem Artikel beschreiben die Autorinnen die Strategien, die in den Freiwilligendiensten Kultur und Bildung angewendet werden, um das Auswahl- und Vermittlungsverfahren inklusiver und diversitätsbewusster zu gestalten.
Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Leitfaden für Arbeitgeber: Anonymisiertes Bewerbungsverfahren.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bietet mit dieser Handreichung konkrete Handlungsempfehlungen an, um Benachteiligung und Diskriminierung durch ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren zu reduzieren.
Empowerment-Angebote: LKJ Thüringen
Als gute Beispiele von Empowerment-Angeboten in den Freiwilligendiensten bieten sich die Empowerment-Räume und individuelle Beratungsangebote der BKJ an, die Freiwillige mit diversen Diskriminierungserfahrungen offenstehen. Auf dieser Seite werden diese Empowerment-Angebote vorgestellt und die Leitprinzipien des Empowerments sowie die Rahmenbedingungen guter Empowerment-Räume erläutert.